Hi, ich bin Astrid, Jahrgang ’77 Schnitt- und Fertigungsdirektrice, Schneidermeisterin und Mama von drei Jungs.

Wenn du wissen willst, wie ich zum nähen kam, warum ich dafür was kaputt machen musste und weshalb der Ausflug in die Buchbloggerwelt mich zu SIMPLISU gebracht hat, dann liest du weiter.

Die erste Erinnerung

an eine Nähmaschine ist ganz klar: Ich sitze auf dem Teppich in Omas Küche und drücke auf dem Metallpedal der alten Singer mit Schwungrad rum. Im Radio läuft Nenas „Nur geträumt“ und stürmt die Charts. Was sich innerhalb des Tisches verbargt, blieb mir tatsächlich bis zu Omas Tod verborgen. Sicher, da sollte eine Nähmaschine drin sein, aber praktisch diente es als Möbelstück und ich holte sie erst hervor, als ich sie geerbt hatte.

Meine heimliche Freundin

jedoch war damals eine Anker Phönix. Die Maschine, die meine Mama von ihren Eltern bekam in den 60ern. Ein großartiges Teil. Schwer, einfache Mechanik und Durchstichkraft. Meiner Mama habe ich immer zugeguckt, wenn sie was genäht hat. Ich war fasziniert von dem Ding und man kam schneller zum Ziel als beim Stricken. Ich erinnere mich auch, wie mir eingebläut wurde, dass ich nicht dran darf, aber der Nähplatz meiner Mama war in meinem Zimmer. Das Ding stand eben in Reichweite und irgendwann dachte ich mir: So ein Kuscheltier kann ich auch selber nähen. Gedacht, getan. Heimlich. Alles gut, nur eben blöd, wenn Mama beim nächsten nähen merkt, dass ein Heinzelmännchen alles verstellt hat. Ich habe dann extra Textilunterricht als Wahlpflichtfach in der Schule genommen, denn da nähte man an der Maschine. Da hatte Mama keine Ausrede mehr, denn ich konnte sie ja nun bedienen. Im Übrigen stelle ich die Maschine heute neu ein, wenn sie mal falsch eingestellt ist.

Irgendwann

kam ich in die Hippiephase, so mit 16 ca. Auf der Suche nach „der“ Schlaghose, wurde ich nicht fündig. Also dachte ich mir: Kann ich doch auch selber machen. Aber erst mal musste ich das nähen von Kleidung lernen. Es gab noch kein YouTube. Ich hatte Nähbücher meiner Tante und Mama aus den 60er und 70er. Mir blieb ausserdem Burda. Zum rumtesten habe ich alte Bettlaken benutzt und eingefärbt. Mein erstes Projekt wurde eine knallgrüne Bluse, mit Druckknöpfen und Passen und Aufschlagärmeln. Ich kam damit so gut klar, das ich mir dachte: Jo, ich kann nähen. Ran an die Hose.

Eine meiner heißgeliebten Levis 501 musste dran glauben und wurde aufgetrennt, aufgelegt und nachgenäht. Mit Knopfleiste, denn die mochte ich an Hosen am liebsten. Ich habe einfach geguckt wie es an anderen Hosen gemacht war und reimte mir die Verarbeitung zusammen. Mit mittelprächtigem Erfolg. Die Hose saß bei Weitem nicht so, wie meine Levis. Also wollte ich den Schnitt selber machen, aber ich fand nur die Anleitung für einen Oberkörpergrundschnitt, den ich spaßeshalber nachgezeichnet hatte, aber keine Hose. Also doch wieder Burda. Schlussendlich bekam ich meine eigenen Hosen. Ich habe fast ausschließlich eigene getragen. Nur wirklichen Denim konnte man noch nicht bekommen. An vernünftigen Jersey nicht zu denken.

Wie ihr seht, ich habe ziemlich früh mit komplizierten Projekten angefangen und mich gleich ans Schnitte abwandeln gewagt. Aber ich wollte mehr. Nur wo lernen? Einen Nähkurs gab es nicht im Ort.

Es blieb nur eine Lösung:

Eine Lehre. Nur im ersten Jahr der Bewerbung fand ich nichts. Ich hatte mich aufs Handwerk beschränkt. Zum Glück konnte ich ein Jahrespraktikum bei Annette Görtz machen und mir einen Einblick in industrielle Fertigung gewähren. Ein tolles Jahr. Mit der Direktrice dort, konstruierte ich meinen damaligen perfekten Hosengrundschnitt und Shirtschnitt. Ich bewarb mich wieder und dieses Mal auch bei Industriebetrieben. Und was passierte? Qual der Wahl. Entweder Industrie oder Handwerk, ich hatte beide Optionen. Irgendwie zog es mich dann doch zu Seidensticker. Die Ausbilderin war jung, es gab eine eigene Lehrwerkstatt und pro Lehrjahr 6 Auszubildende. Es war cool. Ich habe gelernt zu sehen, wenn etwas einen halben Millimeter schief ist. Ich schloss mit meiner Kollegin als Landesbeste ab.

Schon während der Ausbildung war klar: Modedesign wäre super, aber die Mappe meine persönliche Hürde. Ich kann einfach nicht gut zeichnen. Aber Schnitte machen, das war cool. Vor allem am Computer, das fand ich gut (ich erwähne das ich auch immer heimlich am C64 meines Bruders war). Ideen hatte ich, wer brauch schon ein Studium für Design? Ich wollte Schnitte machen lernen, denn nur so konnte ich wirklich meine eigenen Sachen umsetzen.

Ich zog nach Hamburg, absolvierte ein Jahr an der JAK und wurde Schnitt- und Fertigungsdirektrice.

Später machte ich berufsbegleitend noch den Meister im Handwerk. denn der war fürs eigene Atelier noch Pflicht, bis in dem Jahr, in dem ich meine Prüfung ablegte.

Doch irgendwie verfolgte ich den Traum vom eigenen Atelier nicht wirklich weiter. Ich dümpelte zwischen Job und Arbeitsuchend hin und her. Heiratete. Dümpelte und schlussendlich wurde ich schwanger. Was bei vielen das Nähen auslöst, war für mich ein Schritt weg davon. Zunächst wollte ich noch mein eigenes Label starten, aber mit einem Baby steht die Welt plötzlich Kopf. Das Nähen und Schnitte machen verschwand in den Hintergrund. Sehr weit in den Hintergrund.

Während meiner zweiten Schwangerschaft fing ich an viel zu lesen und auch gleichzeig zu schreiben. Etwas, was ich als Jugendliche schon gemacht hatte. Ich fing an einen Bücherblog zu betreiben. Denn schreiben machte mir Spaß. Aber auch hier kam nach zwei Jahren die Erkenntnis: Du investierst viel Zeit, hast kaum Leser und für was? Während dieser Zeit überredeten mich einige Mütter im Kindergarten Nähkurse zu geben, was ich dann machte. Und das machte überraschender Weise Spaß.

Ich überlegte, dass ich vielleicht doch mal wieder beruflich was mit Schnitten machen sollte. Aber wie anfangen? Ich hatte nicht mal Kolleginnen, die ich fragen konnte. Also suchte ich im Internet nach ihnen. Es gab kein Forum und keine Facebookgruppe. Was war also die logische Schlussfolgerung?

Selbst ist die Frau.

Ich gründete die Schnittmenschen, um Kolleginnen zu finden und mich auszutauschen. Und plötzlich wurde ich gefragt. ob ich auch Schnitte für E-Books mache. Da musste ich erst mal wieder googlen, was das denn nun wieder für ein Ding ist. Ich sagte ja und so baute sich nach und nach ein Kundenstamm auf. Ein Zufall. Aber ein glücklicher.

Nun mache ich schon eine Zeit Schnitte für verschiedene Lable und liebe es. Ich begleite Probenähen und habe schon viele liebe Menschen virtuell getroffen.

Ich danke Facebook, Instagram und was es nicht noch alles an Sozialen Medien gibt. Ohne sie, würde ich heute nicht den Job machen, den ich liebe.

Neben den Schnitten gebe ich auch Schnittanpassungskurse (schau mal auf www.courleys.de unter der Rubrik Schnittkonstruktion nach)

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